Digicampus
Seminar: Wie wahr ist unsere Wahrnehmung?: Wirklichkeit und Wahrnehmung in der Philosophie der Frühen Neuzeit - Details
Sie sind nicht in Stud.IP angemeldet.
Lehrveranstaltung wird online/digital abgehalten.

Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: Wie wahr ist unsere Wahrnehmung?: Wirklichkeit und Wahrnehmung in der Philosophie der Frühen Neuzeit
Veranstaltungsnummer 016
Semester WS 2020/21
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 17
Heimat-Einrichtung Philosophie mit Schwerpunkt analytische Philosophie und Wissenschaftstheorie
beteiligte Einrichtungen Philosophie
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Erster Termin Freitag, 06.11.2020 12:15 - 13:45
Online/Digitale Veranstaltung Veranstaltung wird online/digital abgehalten.
Hauptunterrichtssprache deutsch

Räume und Zeiten

Keine Raumangabe
Freitag: 12:15 - 13:45, wöchentlich

Kommentar/Beschreibung

Wie nehmen wir den Computer, der gerade vor uns steht, wahr? Nehmen wir ihn so wahr, wie er vor uns steht oder steht überhaupt etwas vor uns? Wenn im Wald ein Baum umfällt und niemand da ist es zu hören, gibt es ein Geräusch? Wie kann ein Messer Schmerzen in uns verursachen, ohne die Eigenschaft des Schmerzes in sich selbst zu haben? Inwieweit können wir unseren Empfindungen bezüglich der Realität der Außenwelt vertrauen? In diesem Kurs werden wir Antworte auf solche spannenden Fragen in der Philosophie der frühen Neuzeit suchen, indem wir uns auf die Wahrnehmungstheorien konzentrieren und uns mit den Texten bestimmter Philosophen von der Frühen Neuzeit beschäftigen, nämlich Descartes, Locke, Malebranche, Berkeley, Hume und Reid. Wir werden den Fragen nachgehen, (1) wie die Fortschritte in der Wissenschaft zum erkenntnistheoretischen Wandel beigetragen hat, (2) nach welchen Kriterien Philosophen zwischen verschiedenen Qualitäten der Wahrnehmung (sowie Größe und Schmerz) unterschieden und wie sie den kausalen Zusammenhang erklärten, der zwischen der Außenwelt und dem Geist während des Wahrnehmungsaktes auftritt, (3) inwieweit sie Wahrnehmung als Wissensquelle betrachteten, (4) wie ihre Wahrnehmungstheorien zusammen mit der mechanischen Konzeption der Welt zur Skepsis und sogar zur Ablehnung der physischen Welt führten.

Die zusäztliche und ausführliche Beschreibung :
Der Beginn der Frühen Neuzeit markiert sowohl einen wissenschaftlichen als auch einen erkenntnistheoretischen Wendepunkt. Ein tieferes wissenschaftliches Verständnis der Natur der Materie und der physischen Welt veranlasste viele neuzeitliche Philosophen, die Vertrauenswürdigkeit in unsere geistigen Fähigkeiten und Wahrnehmungen in Frage zu stellen. Die traditionell-aristotelische Sichtweise nahm die Existenz der äußeren Dinge und die Welt als selbstverständlich an und beschrieb die Wahrnehmung als Übertragung von Spezies oder Formen der Objekte auf das Gehirn, indem die relevante sensorische Fähigkeit die Form des fraglichen Objekts annimmt. Die frühneuzeitlichen Philosophen wiesen die Spezies-Wahrnehmungstheorie hauptsächlich aufgrund ihrer mechanischen Philosophie zurück, die das natürliche Phänomen anhand der Bewegungen nicht-beobachtbarer Materieteilchen erklärte. Wir können grob zwei Hauptkontroversen in den Wahrnehmungstheorien der Philosophen der frühen Neuzeit feststellen: Die erste befasste sich mit der Ontologie der wahrnehmbaren Eigenschaften, nämlich ihrer Unterteilung in primäre und sekundäre Eigenschaften. Primärqualitäten wurden hauptsächlich als wahrnehmungsunabhängige Eigenschaften betrachtet, die der Materie eigen sind, wie Größe, Form und Bewegung, während Sekundärqualitäten als wahrnehmungsabhängige Eigenschaften (z.B. Farbe, Schmerz, Wärme) betrachtet wurden. Die Natur und Ontologie der primären und sekundären Qualitäten wurden jedoch auf unterschiedliche und sogar widersprüchliche Weise konzeptualisiert und bestimmten die Natur der üblichen Wahrnehmungstheorien.
Die zweite Kontroverse diskutierte insbesondere den kausalen Prozess zwischen der physischen Welt und dem Geist. In der Philosophie der frühen Neuzeit dominierten die repräsentationale Theorien des Geistes welche die Ideen als die einzigen direkten Objekte des Geistes betrachteten. Dementsprechend hat eine Person keinen unmittelbaren Zugang zu einem wahrgenommenen externen Objekt, sondern nur zu einer Idee, die durch Empfindungen entsteht. Ein solcher indirekter Realismus ebnete den Weg zu Humes Skeptizismus und Berkeleys Idealismus.