Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das mit dem Jahr 1900 in Deutschland in Kraft trat, gilt als einer der wesentlichen Meilensteine der europäischen Zivilrechtsgeschichte. Es verwirklichte nach der politischen Einigung im Deutschen Kaiserreich 1871 die Rechtseinheit auf dem Gebiet des Privatrechts, das in den Ländern und Regionen Deutschlands bis dahin recht vielgestaltig gewesen war. Der Weg zu Harmonisierung und Einheit war lang und windungsreich.
Das deutsche Zivilrecht steht freilich seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr für sich allein, sondern wird zusehends von Elementen Europäischen Privatrechts durchsetzt und überwölbt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen einerseits die Privatrechtsgeschichte Deutschlands im Umfeld des BGB untersuchen und andererseits einen ersten Einblick in Struktur und Funktionsweise Europäischen Privatrechts in Deutschland gewinnen.
Folgende Themen können vergeben werden:
I. Zivilrechtsordnungen in den deutschen Ländern vor der Reichsgründung:
1. Das Ältere Gemeine Recht – Grundlage europäischer Privatrechtskultur
Literatur: Coing, Europäisches Privatrecht I, §§ 1-4 und 9-12
2. Ius Commune und Bayerns Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis
Literatur: Schlosser, Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis, in: Festschrift für Jürgen Weitzel, 2014, 481 ff
3. Das Preußische Allgemeine Landrecht
Literatur: Dilcher, Die janusköpfige Kodifikation. Das preußische Allgemeine Landrecht und die europäische Rechtsgeschichte, ZEuP 1994, 446 ff
4. Das Badische Landrecht und der Code Civil in der preußischen Rheinprovinz
Literatur: Wadle, Rezeption durch Anpassung: Der Code Civil und das Badische Landrecht, ZEuP 2004, 947 ff
II. Auf dem Weg zu einer Zivilrechtsvereinheitlichung in Mitteleuropa
5. Rechtsvereinheitlichung im Deutschen Bund: das ADHGB und das Projekt einer einheitlichen Verfahrensordnung
Literatur: Schubert, Die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches als Bundesgesetze (1869), in: ZHR 144 (1980), 484 ff
6. Die Diskussion über den ersten Entwurf zum BGB und die Kritik an ihm
Literatur: Schwab, Das BGB und seine Kritiker, ZNR 2000, 325 ff
III. Das BGB in der Frühphase seiner Geltung
7. Die Erst- und Frührezeption des BGB
Literatur: Schlosser, Zivilrecht für 100 Jahre? – Das janusköpfige Bürgerliche Gesetzbuch, in: Schlosser (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch (1896-1996), Heidelberg 1997, S. 5 ff
8. Zivilrecht unter dem Nationalsozialismus: die „Akademie für Deutsches Recht“ und das Projekt eines „Volksgesetzbuchs“
Literatur: Hattenhauer, Die Akademie für Deutsches Recht (1933-1944), JuS 1986, 680 ff, und Hattenhauer, Das NS-Volksgesetzbuch, in: Festschrift für Rudolf Gmür (1983), S. 255 ff
V. Auf dem Weg zu einem europäischen Zivilrecht
9. Die historische Entwicklung des Verbraucherschutzrechts in den USA und Europa
12. Europäische Harmonisierung im Gesellschafts- und Unternehmensrecht
Literatur: Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 36 IV.
13. Europäische Harmonisierung im Prozess- und Kollisionsrecht
Literatur: Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 36 V.
14. Unmittelbare Anwendbarkeit von Europäischen Richtlinien – Staatshaftung
Literatur: Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 14 II.
15. Entstehung und Inhaltsstruktur der Principles of European Contract Law (PECL)
Literatur: Zimmermann, Die Principles of European Contract Law als Ausdruck und Gegenstand europäischer Rechtswissenschaft, Jura 2005, 289 ff
Eine Einführungsveranstaltung, auf der die weiteren Abläufe und Anforderungen erläutert werden, findet statt am Donnerstag, 28. Juli 2022, um 15.30 Uhr, als Präsenzveranstaltung in Raum 1013 der Juristischen Fakultät, kann aber via ZOOM verfolgt werden:
Das Seminar kann im Studiengang Rechtswissenschaft als Modul der Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich (siehe § 40 Abs. 1 Nr. 1 n. F. Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen – JAPO, § 34 Abs. 1 Nr. 1 Studien- und Prüfungsordnung) im Schwerpunktbereich I und im Schwerpunktbereich IX belegt werden (sofern eine Propädeutik erfolgreich absolviert wurde). Andere Schwerpunkte nach Absprache.
Die Veranstaltung steht ebenso Teilnehmern des Studiengangs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (Bachelor, Master) und aus Studiengängen anderer Fakultäten offen.
Nach der allgemeinen Vorbesprechung vereinbaren Sie bitte per Mail (peter.kreutz@jura.uni-augsburg.de) einen Einzelbesprechungstermin (auch via ZOOM möglich). Folgende Fristen und Termine sind geplant:
Themenvergabe: 26. September 2022,
Bearbeitungsfrist: 11. Oktober 2022 bis 7. November 2022,
späteste Abgabemöglichkeit: 7. November 2022, 11.00 Uhr, bei direkter Abgabe im Hausbriefkasten des Prüfungsamtes (Gebäude H, Foyer; mit gelbem Schild gekennzeichnet); ansonsten Datum des Poststempels (kein Freistempler!) vom 7. November 2022.
Das Seminar wird verblockt stattfinden.
Bei Fragen können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerne an mich wenden (peter.kreutz@jura.uni-augsburg.de).