„Das Problem des Schriftstellers ist doch, dass er sein ganzes werktätiges Leben versucht, auf das poetische Niveau seiner Träume zu kommen.“ stellt Heiner Müller 1988 in einem ZEIT-Interview fest und rückt damit die bewusste, kreative Tätigkeit des Schreibens in die Nähe des unbewussten Erlebens von Träumen. Dieselbe Verwandtschaft sieht auch Jean Paul, der das Träumen zur „unwillkürlichen Dichtkunst“, also zur eigenständigen literarischen Produktion erhebt.
Das Seminar wird sich den vielfältigen Traum-Diskursen der Literatur unter verschiedenen Aspekten nähern: Als halluzinatorisches Ergebnis eines physiologischen Zustandes entzieht sich der Traum zunächst jeder reflektierenden, begrifflich fassbaren Beobachtung. Erst in der Erinnerung ist der Träumer fähig, bewusst ästhetisch wahrzunehmen. Gegenstand der Literaturwissenschaft kann also erst der im Medium der Sprache vermittelte Traum sein. Solche Traumprotokolle, wie sie etwa von Arthur Schnitzler und Gottfried Keller geführt wurden, bieten die Grundlage, narratologische Fragen zu stellen: Gibt es typische narrative Strukturen des Traumes wie etwa die alogische Verknüpfung einzelner Sequenzen? Ist der Träumende Erzähler, Rezipient und Figur gleichzeitig?
Wesentlich wird uns auch die Gestaltung fiktiver Traumsequenzen beschäftigen. Wodurch zeichnen sich diese Texte aus? Gibt es spezifische ästhetische Funktionen oder Merkmale solcher Erzählungen? Dabei wird der Schwerpunkt auf Werken der Romantik und der Moderne liegen. Schließlich wollen wir uns auch der Frage stellen, inwieweit Literatur eine eigene, historisch variable Form des Wissens über den Traum besitzt, und wie sich diese in regem Austausch mit verschiedenen Wissenschaften herausbildet.
Anmelderegeln
Diese Veranstaltung gehört zum Anmeldeset "Reguläre Anmeldephase SoSe 2020".
Folgende Regeln gelten für die Anmeldung:
Die Anmeldung ist möglich von 10.03.2020, 00:00 bis 13.04.2020, 23:59.