Seminar: Deutschlands Europapolitiken - Details

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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: Deutschlands Europapolitiken
Untertitel Werte, Strategien und Ziele deutscher Europapolitik
Veranstaltungsnummer 040302-0015
Semester SS 2022
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 9
erwartete Teilnehmendenanzahl 16
Heimat-Einrichtung Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Friedens- und Konfliktforschung
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Erster Termin Dienstag, 26.04.2022 14:00 - 17:30, Ort: 2118a Geb. D (16 Pl.) [PhilSoz]
Voraussetzungen starkes Interesse an der Analyse weltpolitischer Fragestellungen,
Präferenz für interpretativ-rekonstruktive bzw. diskursanalytische Methoden,
Grundverständnis vom besonderen Einfluss der EU auf die Weltpolitik sowie den besonderen Einfluss Deutschlands innerhalb der EU
Leistungsnachweis Hausarbeit
Veranstaltung findet in Präsenz statt / hat Präsenz-Bestandteile Ja
Hauptunterrichtssprache deutsch

Kommentar/Beschreibung

Deutschlands Europanarrativ

Über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Europäischen Union, des Euroraums und des größeren Europas wird in erster Linie nicht in Brüssel, Frankfurt am Main, Paris oder Wien entschieden, sondern in Berlin. Das von den je amtierenden Bundesregierungen formulierte Narrativ zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Europas ist innerhalb des EUropäischen Gesamtdiskurses von besonderer Bedeutung. Die deutsche Europapolitik kann als eine umfassende Erzählung (Viehöver) verstanden werden, deren Ziel es ist, die Identität Europas maßgeblich mitzubestimmen. Wie Europa über seine eigene Geschichte denkt, wie die Gegenwart interpretiert und wie die Zukunft imaginiert wird, ist abhängig von der Frage, welche Erzählung innerhalb des größeren Diskursraums hegemonial ist (Laclau/Mouffe). In diesem Lehrforschungsprojekt analysieren wir aktuelle europapolitische Positionen der Bundesregierung zur Klimakrisenpolitik (sog. „Green New Deal“), zum sogenannten neuen „Migrations- und Asylpaket“, innerhalb des Diskurses um eine sogenannte „Fiskalunion“, zur aktuellen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, zur EU-Verteidigungsinitiative für die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik (PESCCO) sowie den Maßnahmen der Euroäischen Zentralbank, um durch den Vergleich der deutschen Europapolitiken in diesen Teilarenen die Leitmotive des deutschen Europanarrativs herauszuarbeiten. Welche Geschichte von der Vergangenheit Europas wird erzählt? Welche Geschichte von der europäischen Gegenwart formuliert und wie lautet das deutsche Narrativ zur Zukunft Europas? Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei die Fragen ein, welche Probleme im Narrativ als zentral und dringlich behauptet werden und welche Probleme in der Erzählung unerwähnt bleiben. Welche Zusammenhänge werden zwischen den Problemen behauptet? Etwa zwischen Klimakrise, Außenwirtschaftskrise, der sogenannten „Migrationskrise“ und Sicherheitskrise? Wie werden die Ursachen und Verantwortlichkeiten, besonders der eigene Anteil daran, narrativiert? Welche Rolle und welche Verantwortung wird Deutschland innerhalb Europas zugeschrieben? Welche Vorschläge zur Bearbeitung bestehender Probleme werden vorgelegt und wie werden diese begründet? Auf welchen zentralen Werten basiert das Narrativ der europäischen Zivilreligion (Bellah)? Wie werden Gerechtigkeit, Sicherheit, Freiheit, Nachhaltigkeit, Solidarität, Wohlstandssteigerung oder Menschenrechte inhaltlich bestimmt und zueinander arrangiert? Und schließlich: Welches Bild der europäischen Zukunft formuliert die Bundesregierung als Element des gesellschaftlichen Imaginären (Kastoriadis)?
Das Ziel ist es, wesentliche Eigenschaften des deutschen Europanarrativs zu dechiffrieren und auch in seiner Vieldeutigkeit gemeinsam zu interpretieren und auf diese Weise zu verstehen, welche Vorstellungen und Praxen der deutsche Staat in Europa durchsetzen mag.