Wahrnehmung versteht man gemeinhin als sinnliche Wahrnehmung. Doch was ist sie eigentlich? Was passiert, wenn wir sinnlich wahrnehmen? Heraklit stellte schon fest: „Was helfen den Menschen Augen und Ohren, wenn sie unverständige Seelen haben?“ Sinnliche Wahrnehmung ohne geistige Verarbeitung scheint nicht möglich. Umgekehrt fragt sich auch: Ist eine rein geistige Wahrnehmung möglich? Oder hängt sie immer an der Sinnlichkeit? Spricht man darüber hinaus noch von einer intuitiven Wahrnehmung, wird es endgültig fragwürdig. Was sollen wir darunter verstehen?
Was nehmen wir, wenn wir wahrnehmen? Hat Wahrnehmung etwas mit Wahrheit zu tun? Nehmen wir das Wahre? Griechisch heißt sie αἴσϑησις. Das ist die sinnliche Wahrnehmung. Lateinisch: sensus, perceptio, was dasselbe bedeutet. Hier scheint es keine Übertragung auf das Geistige zu geben. Und Wahrheit klingt hier auch nicht schon im Wort an. Führt uns also unser deutsches Wort „wahrnehmen“ in die Irre? Ist es ein Sprachfehler, dem wir nachgehen, wenn wir von geistiger oder intuitiver Wahrnehmung sprechen?