Die Vorlesungsreihe fragt nach dem Beitrag der abendländischen Ethik zu einer künftigen Weltkultur, indem sie systematische Zugänge zu zentralen Quellentexten dieser Tradition zu erschließen sucht. Im Werk des Thomas von Aquin, Hauptvertreter der im 13. Jahrhundert neu gegründeten europäischen Universitäten, laufen zunächst alle wesentlichen Lehrtraditionen der antiken und frühmittelalterlichen Ethik zu einer umfassenden Synthese zusammen, die zugleich den Boden für die weitere Entwicklung bereitet. Mit dem Beginn der Neuzeit orientiert sich die philosophische Ethik sodann an den wissenschaftlichen Idealen der Aufklärung, die einerseits die Vernunft als Prinzip aller Moralität begreift, anderseits aber auch die empiristische Auffassung entwickelt, dass wertende Urteile ihren Ursprung maßgeblich in menschlichen Gefühl haben. Kant weist auf die Problematik beider Ansätze hin, da man mit einem rationalistischen Ansatz leicht in einen lebensfernen moralischen Perfektionismus gerät, während sich mit einem empiristischen Ansatz keine allgemein und notwendig geltenden Normen mehr begründen lassen. Kants Versuch einer Synthese bestimmt wesentlich das moderne kontinentaleuropäische Moralverständnis. Mit Mills Begründung des Utilitarismus findet dagegen das seither gängigste Moralverständnis der angelsächsisch geprägten Welt seine klassische Grundlage.