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Hauptseminar: HS: Hans Keilson: Dichter, Widerstandskämpfer, Traumaforscher - Details
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Lehrveranstaltung wird in Präsenz abgehalten.

Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Hauptseminar: HS: Hans Keilson: Dichter, Widerstandskämpfer, Traumaforscher
Semester SS 2022
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 35
maximale Teilnehmendenanzahl 35
Heimat-Einrichtung Neuere Deutsche Literaturwissenschaft (Lehrstuhl)
Veranstaltungstyp Hauptseminar in der Kategorie Lehre
Erster Termin Montag, 25.04.2022 11:45 - 13:15, Ort: (D-1006)
Online/Digitale Veranstaltung Veranstaltung wird in Präsenz abgehalten.
Hauptunterrichtssprache deutsch

Räume und Zeiten

(D-1006)
Montag: 11:45 - 13:15, wöchentlich (13x)

Kommentar/Beschreibung

Hans Keilson (1909-2010) kommt fünf Jahre vor dem ersten Weltkrieg in Fürstenwalde zur Welt. Als Gymnasiast wird er gemobbt, weil er aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammt. Es waren nicht persönlich erfahrene Attacken und Verunglimpfungen, die in meine Kinderwelt eindrangen und sie verunglimpften. Es war das Allgemeine, Atmosphärische, in oft schwer zu erfassenden Sinnzusammenhänge. Bereits der Schüler liest Freuds Vorlesungen und begeistert sich zugleich für Heine, Hesse, Thomas Mann und Stefan Zweig. 1928 beginnt Keilson in Berlin ein Doppelstudium, Medizin und Pädagogik, in einer Tanzband verdient er seinen Unterhalt als Trompeter – ein Multitalent, das in dieser Zeit auch mit dem literarischen Schreiben beginnt, nicht zuletzt, weil der junge Student keinen Platz für eine Psychoanalyse ergattern kann und deswegen nach anderen Formen der Selbsterkundung sucht. Sein erster, schon stark autobiographisch gerprägter Roman Das Leben geht weiter. Eine Jugend in der Zwischenkriegszeit verarbeitet die eigene Familiengeschichte – das väterliche Geschäft ging in den ökonomischen Wirren der späten Weimarer Republik bankrott. Dieser Roman wird 1933 das letztes Debut eines jüdischen Autors im Samuel-Fischer-Verlag sein, lektoriert von Oskar Loerke.

Mit seiner katholischen Freundin Gertrud Manz emigriert Hans Keilson 1936 in die Niederlande, 1941 kommt dort die gemeinsame Tochter Barbara zur Welt, die er in den ersten vier Lebensjahren nur sporadisch sieht. Keilson, dem die Nationalsozialisten noch in Berlin die Arbeit als praktischer Arzt verboten haben, beginnt im Exil als Psychotherapeut für jüdische Kinder zu arbeiten. Auch, nachdem er sich schon dem Widerstand angeschlossen hat, schreibt er weiterhin literarische Texte, überwiegend auf Deutsch, Tagebücher, einen Romananfang zu Der Tod des Widersachers, dessen Manuskript er vor dem Untertauchen im Garten vergräbt, eine Novelle, Gedichteund die im Versteck entstandene Erzählung Komödie in Moll.

Keilson taucht 1943 unter und schließt sich dem Widerstandsnetzwerk Vrije Groepen Amsterdam an. Dafür reist er unter dem Decknamen Dr. van der Linden mit gefälschtem Pass durch das Land, als Kurier, vor allem aber, um Familien psychologisch zu betreuen, die jüdische Kinder bei sich versteckt haben. Es gibt im Alltag zuweilen Spannungen zwischen Gastfamilien und Schützlingen, die er zu moderieren versucht. Keilsons holt seine Eltern nach der Reichspogromnacht in die Niederlande, aber er kann schließlich nicht verhindern, dass sie über das Lager Westerbork nach Auschwitz deportiert und in Birkenau ermordet werden. Ein traumatischer Verlust, der seine weitere Arbeit prägen wird.

Nach dem Krieg legt Hans Keilson noch ein niederländisches Examen ab und spezialisiert sich auf Neurologie und Psychiatrie. Seine kinder- und jugendtherapeutische Arbeit in Amsterdam setzt er fort. Er berät die Organisation Le Esrath Hajeled (Zur Hilfe des Kindes), die sich um die Schicksale von etwa 2000 jüdischen Kriegswaisen kümmert. Keilson entwickelt in diesem Zusammenhang eine bahnbrechende Theorie des sozialen Traumas.
Knapp siebzigjährig promoviert er noch mit der umfangreichen Dissertation Sequentielle Traumatisierung bei Kindern, die er seinen Eltern widmet „an Stelle eines Kaddisch“; das Buch kommt 1979 zum ersten Mal heraus. Die Studie umfasst neben einer Einleitung einen klinischen Teil mit 204 Einzelfällen und Vignetten sowie einen quantifizierend-statistischen Teil.
Das Seminar wird sich in chronologischer Reihenfolge mit den vier Prosa-Texten, der Lyrik und ausgewählten Essays befassen. Den Einstieg soll die bahnbrechende Traumatheorie bilden.

Anmelderegeln

Diese Veranstaltung gehört zum Anmeldeset "Allgemeine Anmeldephase SoSe 2022".
Folgende Regeln gelten für die Anmeldung:
  • Es wird eine festgelegte Anzahl von Plätzen in den Veranstaltungen verteilt.
    Die Plätze in den betreffenden Veranstaltungen wurden am 18.04.2022 um 23:59 verteilt. Weitere Plätze werden evtl. über Wartelisten zur Verfügung gestellt.
  • Die Anmeldung ist möglich von 14.03.2022, 00:00 bis 18.04.2022, 23:59.