Der platonische Spätdialog Politikos bildet mit den Dialogen Theaitet und Sophistes eine fiktive Trilogie, in der ein Kreis von Gesprächspartnern um Sokrates drei Fragen behandelt: Was ist Wissen? Was ist ein Sophist? Was ist ein Politiker? Während Sokrates zunächst im Dialog Theaitet mit der im Titel genannten Person den Begriff des Wissens bestimmt und dann im Sophistes ein Fremder aus Elea mit Theaitet bereits den Sophisten definiert hat, entwickelt derselbe Fremde schließlich im Politikos zusammen mit einem jüngeren Philosophen namens Sokrates ein Verständnis des Politikers. Um die politische Kunst möglichst genau zu kennzeichnen, bedient er sich zuerst der dialektischen Einteilungskunst (Dihairese), dann eines Mythos und schließlich einer Metapher, in der die Aufgabe des Politikers als eine Form von Weberei beschrieben wird.
Während im früheren Dialog Politeia der philosophisch gebildete Politiker zu regieren scheint, in dem späteren umfassenden Werk der Nomoi dagegen maßgeblich die Gesetze herrschen, setzt sich der Politikos mit den leitenden Idealen beiden Auffassungen auseinander. Der Dialog gilt in vielerlei Hinsicht als rätselhaft und problematisch. Im Seminar soll daher der Text gemeinsam durchgesehen und im Licht aktueller Interpretationen eingehend diskutiert werden.
Ein zweisprachiges Textskriptum wird vor Beginn des Seminars zur Verfügung gestellt. Altgriechische Sprachkenntnisse sind hilfreich, aber nicht unbedingt erforderlich. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Bereitschaft, sich durch eigene gründliche Lektüre des jeweils anstehenden Textabschnitts auf die jeweilige Seminarsitzung vorzubereiten. Jede Sitzung wird zudem von jeweils einzelnen Teilnehmern moderiert, wobei auch einschlägige Kommentarbeiträge eingebracht und so vorgestellt werden sollen, dass dann gemeinsam darüber diskutiert werden kann.
Kommentar: Platon. Politikos, übersetzt und kommentiert von Friedo Ricken, Göttingen (Vandenhoek & Rupprecht) 2008 (Literaturverzeichnis S.
263 – 268).
